Schon sehr lange hatte ich im Kopf, dass ich gerne das Münsterland besuchen möchte. Natürlich denkt man dabei sofort an die Stadt Münster, doch die Region hat noch viel mehr zu bieten. Und da ich sowieso ein Landkind bin, freue ich mich umso mehr über die Gelegenheit, mit meinem Camper und meiner Kamera den südöstlichen Teil des Münsterlands zu erkunden – genauer gesagt, die Gegend entlang des Flusses Lippe.
An einem sehr heißen Sommertag komme ich in die kleine Gemeinde Lippetal. Im Ortsteil Herzfeld starte ich zu einem ersten Spaziergang, der mich zuerst in die Wallfahrtskirche St. Ida führt. Im Inneren dieses schönen Bauwerkes können Besucherinnen und Besucher die Grabkrypta der heiligen Ida besichtigen.
Von der Kirche aus spaziere ich weiter hinüber nach Hovestadt. Auf dem Weg sehe ich das erste Storchennest mit Jungen darin; ein seltener Anblick, wie mir ein langjähriger Anwohner erzählt, der zufällig gerade mit dem Fahrrad vorbeikommt. Ich gehe weiter und besuche das Wasserschloss Hovestadt, dessen Park öffentlich ist und zum Flanieren einlädt.
Zurück in Herzfeld lege ich noch einen kurzen Stopp im Biergarten ein. Dann fahre ich mit offenen Fenstern im wunderschönen Abendlicht über die schmalen Landstraßen, sehe Wiesen, Wälder und einen Feldhasen auf einem der großen goldenen Felder. Ich habe das Gefühl, ewig so weiterfahren zu wollen. Trotzdem halte ich dann doch noch an und statte der Quabbemühle einen Besuch ab, ein verlassener, herrlich friedlicher Ort an einem Bach.
Den Tag beende ich am Aussichtsturm Ahsewiesen. Auch hier sehe ich einen Storch, der seinen zwei Jungen im Nest unermüdlich Nahrung bringt. Ein Fasan sitzt auf einem umgestürzten Baumstamm und lässt immer mal wieder einen Schrei ertönen, in der Ferne sind ein paar grasende Rinder und überall zwitschernde und umherschwirrende Vögel zu sehen. Ein junges Paar, das hier ebenfalls den Sonnenuntergang genießt, leistet mir Gesellschaft.
Den Sonnenaufgang um 5:10 Uhr am nächsten Morgen erlebe ich am Ahsewiesen Pavillon. Es gibt sogar etwas Bodennebel, obwohl es ein weiterer heißer Tag werden wird. Die Vögel am Wasser wachen langsam auf: Ente, Gänse, ein Schwan und ein Reiher sowie andere Vögel, die ich aus der Entfernung nicht bestimmen kann. Es bietet sich an, ein Fernglas hierher mitzubringen. Nebenan sucht ein Storch nach Nahrung, es liegt immer lauter werdendes Vogelgezwitscher und Geschnatter in der Luft.
Ich lege mich in meinem Camper noch ein bisschen hin und wache zwei Stunden später wieder auf. Dann fahre ich weiter zum Rittergut Haus Heerfeld, einem mittelalterlichen Anwesen, das ein Ehepaar gekauft hat und nun in Schuss hält.
Ich bin sofort überwältigt von dem Ort und dem Garten mit seinen vielen Buchsbäumen, der in liebevoller Kleinarbeit gepflegt wird und auf Anfrage oder bei Veranstaltungen besichtigt werden kann.
Ich habe das Glück, hier zwei Nächte verbringen zu dürfen. Zufälligerweise komme ich genau zu dem Zeitpunkt an, als auch die Bloggerin Sanne (@travelsanne.de) hier vorbeischaut, sie ist auf einer Rad- und Kulinarik-Tour durchs Münsterland. Wir tauschen uns kurz aus und stellen beide fest, dass wir gleichermaßen begeistert von der Gegend sind. Als sie weiterradelt, gehe ich erst einmal in die gemütliche Küche des Ritterguts, wo ich freundlich aufgenommen werde und einen Kaffee bekomme. Danach beziehe ich mein Zimmer, ruhe mich eine Weile aus und erkunde den Garten und die Anlage.
Am Nachmittag mache ich mich auf nach Wadersloh und schaue mir das Dorf an. Anschließend fahre ich in den Ortsteil Liesborn, um mich schon mal an der Abteikirche des Klosters umzusehen, die ich am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang fotografieren möchte. Eine wunderschöne Kirche, die zum Verweilen einlädt, besonders an so heißen Tagen.
Nach dem kurzen Besuch in Liesborn zieht es mich zu Baumhoers Lippeauenblick, einem tollen Bauernhof-Café direkt an den Lippeauen. Ich sitze in der Sonne im Liegestuhl am Teich und trinke Kaffee und leckeren selbstgemachten Saft, dazu esse ich ein Stück Kuchen. Im Storchennest auf dem Dach der zugehörigen Scheune sind hier sogar vier Jungstörche zu sehen, um mich herum herrscht leises Stimmengewirr und es singen Vögel, auf den Auewiesen weiden Kühe. Es ist wie im Paradies, ein so schöner Ort inmitten der Natur.
Am Abend spaziere ich noch ein bisschen an der Lippe entlang. Wieder spricht mich einer der freundlichen Münsterländer an und möchte wissen, ob ich die Gegend noch vor dem schweren Sturm vor einigen Jahren kenne, als hier noch viel mehr Bäume standen. Leider muss ich das verneinen, aber wir kommen zu dem Schluss, dass es hier immer noch sehr schön ist – vor allem im weichen, goldenen Abendlicht.
Danach schaue ich, dass ich bald ins Bett komme. Schließlich will ich am nächsten Morgen um 4:30 Uhr aufstehen, um rechtzeitig zum Sonnenaufgang am Museum Abtei Liesborn zu sein. Im Sommer den Sonnenaufgang zu sehen, erfordert einiges an Disziplin, aber es lohnt sich doch jedes Mal. Mithilfe meiner Drohne sehe ich die Abteikirche und das Museum im ersten Licht des Morgens von oben, ich bin komplett alleine und genieße den Augenblick.
Später am Nachmittag kehre ich noch einmal zurück und besuche das sehr sehenswerte Museum. Die Ausstellung ist liebevoll gestaltet und es gibt viele interessante Räume. Der Höhepunkt ist natürlich das „Liesborner Evangeliar“, eine der ältesten, vollständig erhaltenen Evangelien-Handschriften Westfalens, die über 200 Jahre in der halben Welt herumkam und nun wieder zurückerworben wurde. Der ganze Raum, in dem sie ausgestellt wird, ist eine einzigartige Erfahrung.
Nach einem netten Abend mit den Besitzern des Hauses Heerfeld und einer weiteren Nacht auf dem Rittergut mache ich mich am nächsten Morgen ausgeruht auf zur Weiterreise. Ich hatte eine wundervolle Zeit im östlichen Münsterland, die definitiv zu kurz war, um alles zu sehen. Aber das ist ja eigentlich auch gut, man kann ja wiederkommen!
Kerstin Maier ist Fotografin und liebt die Natur. Egal ob im Camper oder zu Fuß - sie möchte die Welt entdecken und dabei die schönsten Motive mitnehmen. In 2023 hat Kerstin für den Münsterland e.V. das Lippetal bereist und dabei ihre Eindrücke mit besonderen Momentaufnahmen gesammelt. Auf Instagram zeigt sie ihre Bilder unter dem Namen @kerstingetslost.