Für schnelle Gemüter, die auf neonfarbene Blinkeschrift reinfallen, ist das Kunst-Café Haus Vortlage nicht zu finden. Hinter dichtem Baumbestand versteckt sich das ehemalige Rittergut an einer schmalen Straße, die Geduld fordert, denn an der letzten Zufahrtsbrücke kann nur ein Auto queren. Allein der Weg zum Café ist pure Entschleunigung. Der Parkplatz ist Teil einer Wiese, kaum erkennbar, aber groß genug für mehrere Fahrzeuge. An der Brücke, die über die Gräfte führt, steht ein großes Hinweisschild zum Kunst-Café neben buschigen Hortensien, die ihre letzten Blüten in die Sonne halten. Hinter dem großen Tor erhebt sich mächtig das Haus Vortlage, das zum Teil mit Kletterpflanzen bewachsen ist und schöne Herbstfärbungen angenommen hat. Es geht links am Haus vorbei, der Richtungspfeil ist kaum zu übersehen und da beginnt schon Kunst, obwohl das Café noch nicht in Sicht ist. Ein Naturarrangement links, mächtige Zylinder aus Metall rechts auf der dicht bewachsenen Wildblumenwiese, dahinter hohe Bäume zwischen deren Stämmen sich bunte Vogelskulpturen verstecken. Der kleine Weg schlängelt sich über das Gelände, vorbei an Toilettenhäuschen bis zur Rückseite des Hauses Vortlage. Jetzt erst ist das Café sichtbar. Das ist schon mal gemütlich!
Das Gelände des Cafés eröffnet sich mit jedem Schritt. Links liegt die Remise, die über den Winter für das Café zur Verfügung steht. Normalerweise finden hier Workshops zur Kunsttherapie statt. Die Hausherrin ist Professorin und bildet in „Gestaltete Interaktion“ aus. Rechts sind breite und lange Tafeln gedeckt, die unter dem weit vorstehenden Dach Schutz vor Wind und Wetter bieten. Es führt kein Weg dran vorbei: Geradeaus steht das Herz des Cafés. Ein kleiner heller Schuppen, der alles beinhaltet, was man eben so braucht für einen Cafébetrieb: Von einer guten Kaffeemaschine über Geschirr, Besteck und einer Vitrine voll mit Kuchen. Philipp macht hier heute noch Fotos, ich gucke mir alles ganz genau an. Wir entscheiden uns für einen Stachelbeerbaiser und einen Berry-Cheesecake, einen Cappuccino und einen normalen schwarzen Kaffee und verkrümeln uns an einen der noch freien Tische. Die Platzwahl fällt uns übrigens schwer. Vielleicht möchtest du zwischen einem Buffetschrank auf der Wiese sitzen und dir die Sonne ins Gesicht scheinen lassen? Oder lieber in der Remise, wo das Holzfeuer im Kamin knistert? Oder doch lieber an der langen Tafel unter dem geschützten Dach, das so viel Behaglichkeit im Freien verbreitet mit den Lichterketten und Blumenampeln?
Sandor hat das Café an Pfingsten 2022 eröffnet. Er ist die gute Seele des Lokals und man merkt ihm nicht an, dass er nicht aus der Gastronomie kommt. „Die Idee zum Café kam mir schon vor ungefähr fünf Jahren. Das Gelände befand sich zu dem Zeitpunkt aber noch im Dornröschenschlaf", erzählt er uns. Schweres Gerät lässt das Gelände nicht zu, viele Arbeiten wurden per Hand erledigt, erinnert sich Sandor. Da er handwerklich begabt ist, sind ihm die vielen unterschiedlichen anfallenden Arbeiten aber nicht schwer gefallen. „Nur die Zeit, die sitzt einem manchmal im Nacken.“ Er lächelt. Ein Herzensprojekt eben. Wenn das Café läuft, sollen die Einnahmen in die Stiftung fließen, die für die Instandhaltungsmaßnahmen von Haus Vortlage genutzt wird. So ein altes Gebäude braucht viel Zuwendung und ist ein generationenübergreifendes Bauprojekt. 1241 wurde das ehemalige Rittergut erstmals urkundlich erwähnt. Hat also schon einiges auf dem Kerbholz, das Schätzchen!
Es ist Samstagnachmittag und laienhaft würde ich die Betriebsamkeit als „gut“ einstufen. Rennradfahrer mit Klickerschuhen laufen über das Pflaster wie bei einem Geschicklichkeitsspiel, Wanderer haben das Café durch Zufall entdeckt und stärken sich, eine Familie möchte hier den Nachmittag genießen und lässt die Kinder in der liebevoll eingerichteten Spieleecke die Zeit vertreiben. Bei einer Gruppe Frauen mit Hunden zaubert Sandor Hundenäpfe aus einem der freistehenden Buffetschränke und füllt sie mit Wasser. Die schön drapierten Kuchen und Torten in der gläsernen Vitrine werden immer weniger. Die Blechkuchen sind aus eigener Herstellung, die Torten kommen vom Café Issel aus Münster. Das Unternehmen legt viel Wert auf regionale und saisonale Zutaten. Die Qualität überzeugt uns bei beiden Stücken. Sowohl mein Berry-Cheesecake als auch Philipps Stachelbeerbaiser schmecken traumhaft! Ich bin aber vor allem begeistert vom Kaffee. Stark, aber nicht zu bitter, keine braune Plörre, über die man sich am Ende ärgert, überhaupt Geld ausgegeben zu haben.
Sandor verrät uns, dass sich ein Besuch im Café zu jeder Jahreszeit lohnt. Jetzt im Winter wird das Kaminfeuer in der Remise stets befeuert, sodass die Sitzplätze im Warmen sind. Der Frühling lockt dann wieder nach draußen auf die Wiese vor der Remise, hier scheint sehr lange die Sonne. Im Sommer dagegen gibt es einen schönen Schattenplatz unter einer mit Blauregen bewachsenen Pergola. Den Herbst erleben wir gerade hautnah mit und sind sehr froh über die milden Temperaturen und das sanfte Licht dieser Jahreszeit. Die Friedensroute führt nicht weit entfernt vorbei, ein Fahrradweg über Lengerich verbindet Stadt und Land, Wanderwege gibt es hier ebenfalls. Das Café ist ein idealer Zwischenstopp für eine köstliche Stärkung in einer verwunschenen Atmosphäre mitten in den Wäldern von Lengerich.
Montag | geschlossen |
---|---|
Dienstag | geschlossen |
Mittwoch | geschlossen |
Donnerstag | geschlossen |
Freitag | geschlossen |
Samstag | 11:00 - 18:30 |
Sonntag | 11:00 - 18:30 |