Noch bis zum bis zum 23. Dezember kannst du auf dem Hof Püning täglich von 9 bis 18 Uhr Bäume selber schlagen oder einfach eine Tanne aussuchen und mit nach Hause nehmen!
Es ist der 6. Dezember – Nikolaustag. Statt Schokolade im Stiefel gibt es heute eine Nordmanntanne im Auto, denn wir brauchen einen Weihnachtsbaum! Ich gehöre eher zur Sorte der Bequemen und hänge normalerweise Lametta über meine Zimmerpflanze. In diesem Jahr soll es aber ein richtiger Baum sein und ich möchte alles rund um den Weihnachtsbaum mitmachen. Also geht es zum Weihnachtsbaumschlagen auf den Hof Püning nach Everswinkel. Gut zu erkennen, stehen die vielen Nordmanntannen entlang der Hauptstraße und große Schilder weisen mir den Weg zum Parkplatz.
Dass hier Weihnachtsbäume verkauft werden, ist nicht zu übersehen. Da stehen kleine und große Tannen links und rechts entlang der Hofeinfahrt. Viele sind schon verkaufsfertig mit Preisschildchen versehen und warten nur darauf abgeholt zu werden. Eigentlich hätte ich am Wochenende kommen sollen, denn dann gibt es hier auch Programm für Kinder und Erwachsene. An einer Feuerschale, versteckt hinter einigen Verkaufsbäumen, kann man Stockbrot backen, auf dem Reitplatz fährt eine kleine Dampflok ihre Runden und einige heimelige Hütten verkaufen dann warme Getränke und kleine Gerichte zur Stärkung. Bei Wind und Wetter können die Kleinen in der Scheune im Stroh spielen und die Großen kommen zum Bummeln in den Hofladen. „Der Hofladen ist zur Coronazeit entstanden. Wir bieten hier Produkte von umliegenden Produzenten, Freunden und Herstellern an, alles etwa im Umkreis von 25 Kilometern“, erklärt mir Dörte Püning, die zusammen mit ihrem Mann Christian den Betrieb vor sechs Jahren von ihren Schwiegereltern übernommen hat. Neben handgedrechselten Holzarbeiten, Selbstgenähtem und Gebasteltem gibt es auch Liköre von Gerbermann und eine Kühltruhe mit regionalem Wild.
Während ich noch unbescholten bin in Sachen Weihnachtsbaum, möchte ich wissen, was hier eigentlich „normal“ ist. Dörte lächelt. „Viele Stammkunden kommen hier schon im September oder Oktober hin, gucken sich in Ruhe um, suchen sich einen Baum aus und ‚reservieren‘ ihn mit Fahrradschlössern, Mützen oder sogar Handtüchern!“ Ich muss lachen. Im Urlaub reserviert „der typische deutsche Urlauber“ sich eine Liege mit dem Handtuch, zuhause wird das beim Weihnachtsbaum auch gemacht – mit einem Augenzwinkern versteht sich! Viele Familien haben eine Tradition daraus entwickelt und zelebrieren die Sache mit dem Weihnachtsbaum: Erst aussuchen, später abholen und dabei einen Nachmittag oder Abend mit der ganzen Familie auf dem Hof mit Glühwein und einem Plausch verbringen.
Der Hof Püning war ursprünglich ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Tieren. Vor rund 35 Jahren hat Dörtes Schwiegervater damit angefangen, Nordmanntannen aus dem Sauerland auf seinem Hof als alternative Einnahmequelle zu verkaufen. Irgendwann ist er dazu übergegangen, sie auch selbst anzubauen, dann gab es Glühwein, ein befreundeter Schreiner hat seine Werke während der Vorweihnachtszeit ausgestellt und so kam eins zum anderen. „Die Familien kommen heutzutage früher, meistens um den ersten Advent. Das war nicht immer so“, erklärt mir Dörte, während wir zum Planwagen laufen, der hinter den großen Trecker gehängt wird. Sie drückt mir eine Tasse warmen Glühwein in die Hand und schon schunkeln wir im sonnengelben Planwagen vom Hof in die Schonung. Das gleicht übrigens einem Geschicklichkeitsspiel, denn der Glühwein schwappt verdächtig häufig über den Rand. Ich werde gleich noch sehen, dass das nicht das einzige Geschick ist, das ich unter Beweis stellen werde.
Ich bitte Christian und Dörte um Hilfe. Mein Weihnachtsbaum soll in etwa so groß sein wie ich (ich bin klein), auf keinen Fall größer. Den Rest kann ich nicht beurteilen. Schön liegt eben im Auge des Betrachters. Wir laufen die Gänge gesäumt von größeren und kleineren Tannenbäumen in sattem, dunklem grün und nun sehe ich auch die Kennzeichnungen: Ein buntes Zahlenschloss um den Stamm in Sichthöhe, eine Nikolausmütze auf der Krone oder ein sandfarbenes Handtuch mit Flatterband hängen in den ausgewählten Bäumen. „Ein Kunde hat eine Solarlichterkette in einen Baum als Kennzeichnung gehängt. Das sieht auch gut aus, wenn unter all den Tannen nur eine abends beleuchtet ist.“, erzählt mir Dörtes Mann Christian.
Bei einem passenden Baum in der Reihe bleiben wir stehen. Dörte drückt mir ein Kniekissen und eine Säge in die Hand, während Christian die unteren Äste hochhält. „So weit unten wie möglich ansetzen“, rät er mir. Mit einigen einzelnen Schnitten versuche ich eine Kuhle zu sägen, damit das Sägeblatt nicht immer verrutscht. Ab dann wird es hart: meine Brille beschlägt, die Äste klappen um und kitzeln mich im Nacken, mir wird warm und ich denke sehnsüchtig an die bereits geschlagenen Tannen in der Einfahrt. Zum Glück ist dieser Stamm nicht so dick!
Am Ende hat Christian Erbarmen mit mir und holt die Motorsäge. Mit geübtem Stand braucht er keine Hilfe, um die Äste hochzuhalten und auch kein Kissen. Zack, Baum ist gefällt!
Für die ganz Eiligen: Kennzeichnet euren Baum individuell.
Für die „Selbstschläger“: Habt keine hohen Ansprüche an euch, zieht euch alte Kleidung an und tragt Schuhe, die durch den Matsch dürfen. Und scheut euch nicht davor nach dem Engel mit Motorsäge zu fragen!
Mit dem Baum auf der Gabel vom Trecker geht es für uns im Planwagen wieder zurück zum Hof. Dort lädt Christian den Baum mit geübten Handgriffen ab und übergibt ihn an Dörte, die den Baum in eine Maschine legt, die das Netz um die Tanne spannt. So entsteht eine kompakte Tanne, die ich sogar in meinen Kleinwagen bekomme. Im Hofladen gönne ich mir noch einen Punsch zum Abschluss und begutachte meine erdbefleckte Hose und die matschigen Schuhe. Also diesen Weihnachtsbaum hab ich mir (fast) selbst erarbeitet und darauf bin ich dieses Jahr zu Weihnachten mächtig stolz!
Weihnachtsbaum kaufen kann ein schöner Ausflug für die ganze Familie sein und spätestens wenn es darum geht den richtigen Baum zu finden oder wer jetzt tatsächlich den Baum fällen muss, werden lustige Erinnerungen entstehen, an die ihr noch lange zurückdenken könnt. Also nehmt euch Zeit!