Ich habe mich mit meinen ehemaligen Arbeitskolleginnen verabredet und wir wollen uns mitten in Everswinkel treffen, damit die beiden einen kurzen Nachhauseweg haben. Schnell kommt der Vorschlag ins Gasthof Diepenbrock zu gehen. Gern! Ich probiere gerne mal Restaurants aus, die ich nicht kenne.
Das Wappentier von Everswinkel ist übrigens das Wildschein, denn der Name der Gemeinde stammt zumindest teilweise vom „Eber“ ab. So finden sich in Everswinkel an unterschiedlichen Orten eine Schwarzwildfamilie, Eberköpfe und Wappen mit dem Wildtier wieder.
Das Gasthaus Diepenbrock sieht von der Hauptstraße gemütlich, aber klein aus. Das täuscht! Am hinteren Ende des Gebäudes eröffnet sich ein großer Biergarten: Von einer Buchenhecke umsäumt und romantisch mit Lichterketten dekoriert, wirkt er so einladend, dass ich richtig enttäuscht bin über den Regen, der seit Tagen vom Himmel kommt. So gern hätte ich einen lauschigen Sommerabend im Biergarten verbracht!
Stattdessen betrete ich das Gasthaus durch die Tür vom Biergarten und werde in einem großen modern gestalteten Saal mit hoher Decke empfangen und zum reservierten Tisch geführt. Die Räume, durch die wir gehen, ähneln sich nicht. War der Saal groß und hatte etwas von Partyatmosphäre, gehen wir durch einen weiteren Raum mit großen Fenstern und Kamin, dahinter folgt ein Raum mit Garderobe und schließlich enden wir in einem Gastraum, der durch eine gemütliche Atmosphäre und rot getünchte Wände besticht. Hier sind nur Tische für kleinere Gruppen aufgestellt. Neben uns dreien gibt es noch eine Gesellschaft mit etwa sechs Personen, eine mit fünf und zwei weitere Zweiertische. Als ich meine Jacke zur Garderobe bringe, luhre ich noch schnell in den letzten Gastraum, die Kneipe. Holzvertäfelung, grüne Eckbänke und rote Barhocker warten hier auf die Gäste. Auch wieder anders!
Wir bekommen die Karte und ich freue mich, dass es eine überschaubare Auswahl an Speisen gibt und noch dazu eine Tageskarte mit saisonalen Gerichte. Das zeugt von Frische! Auf Schnitzel habe ich heute keinen Appetit, also scheidet die Schnitzelkarte schon mal aus.Überbackener Camembert oder Krüstchen? Nee, heute habe ich Lust auf einen Salat mit überbackenem Ziegenkäse und Feigensenf. Als Vorspeise bestellen wir eine Knoblauchsuppe – dann riechen wir wenigstens alle nach Knoblauch!
Der Salat „Großmutter“ ist mit Kartoffeln, der Salat „Pute“ ist mit Putenstreifen. Wenn du Lust auf beides hast, bestell dir den Salat „Beate“, dann bekommst du Bratkartoffeln und Putenstreifen – steht allerdings nicht auf der Karte, ist also ein echter Insidertipp!
Während wir mit der Knoblauchsuppe starten, die dampfend vor mir steht, farblich einer Spargelcremesuppe gleicht und gar nicht streng nach Knoblauch riecht, frage ich nach, warum der Geier hier das Leitmotiv ist und nicht das Wildschwein. Ich bekomme eine Antwort von Philipp Diepenbrock, der die Gaststätte mittlerweile in der 4. Generation führt: „Mein Vater galt als geizig. Wenn hier abends ein Bier getrunken und darum gebeten wurde, mal einen springen zu lassen, hat er sich nie dazu durchringen können. Das Image des geizigen Geiers hat sich etabliert.“ Aber die Familie nimmt es mit einem Augenzwinkern und hat seitdem alles auf den Geier umgemünzt. „Die Einheimischen sagen, sie gehen „Zum Geier“, wenn sie uns meinen“, verrät er mit einem Schmunzeln. Also ziert Logo und Namensgebung der Geier und es besteht sogar eine Tierpatenschaft mit einem Gänsegeier im Allwetterzoo Münster.
Mit diesem Wissen geht’s weiter mit dem Salat und ich verrate mal so viel: Für einen Nachtisch ist kein Platz mehr. Die Portion ist sehr üppig und auch das Auge wird beim Anblick der vielen Farben auf dem Salatteller satt.
Auch wenn Everswinkel mit den Sehenswürdigkeiten etwas hinter anderen Orten im Münsterland zurückbleibt, lohnt sich ein Ausflug in die Gemeinde im Kreis Warendorf. Erst auf Wildschweinjagd im Ortskern gehen und dann genüsslich deftiges Essen „beim Geier“ genießen: So geht „la dolce vita“ im Münsterland.