Auf dem Marktplatz von Osnabrück starte ich meine Radtour. Etwa 80 Kilometer entfernt von der anderen Friedensstadt, Münster. Eine Kilometerzahl, die man auf guten Radwegen an einem Tag bewältigen könnte. Wie anders muss es zur Zeit der Friedensverhandlungen zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges gewesen sein. Friedensreiter ritten zwischen Osnabrück und Münster, um die Gesandten in beiden Städten über die Fortschritte zu informieren. Ich werde in den nächsten Tagen in ihre Spuren radeln. In aller Ruhe, in vier Etappen, denn unterwegs gibt es viel zu sehen und zu erleben.
Zwischen goldenen Weizenfeldern radle ich gen Süden. In der Kirschgemeinde Hagen am Teutoburger Wald halte ich kurz am Wegesrand, um tiefrote Kirschen zu pflücken und zu probieren. Mmm, so schmeckt der Sommer! Gestärkt trotze ich danach der Hügellandschaft des südlichen Osnabrücker Landes. In Bad Iburg mache ich einen kurzen Abstecher zum Schloss Iburg, um dort den Blick über den Teutoburger Wald zu genießen. Danach liegt noch eine knappe Stunde Radfahren vor mir bis zu meinem heutigen Ziel Bad Laer. Dort mache ich einen kurzen Stopp an der Solequelle und bewundere den historischen Ortskern mit einer Kombination aus Fachwerkhäusern und Gebäuden aus dem örtlichen "Piepstein". Wenig später klinge ich den Tag in der Kräutersauna von Hotel Höpke mit Blick auf den schönen, grünen Garten aus. Ein ganz guter Start meiner Radreise!
Am nächsten Morgen packe ich alles zusammen und mache mich wieder auf den Weg. Das erste Highlight der heutigen Strecke folgt schnell: an den Heideseen genieße ich die Kühle des glitzernden Wassers. Danach geht’s über Glandorf und Ostbevern weiter nach Telgte. Die Orte an der Friedensroute sind eine schöne Abwechslung zur Natur. Und immer ein guter Grund für eine Pause mit Kaffee und Kuchen! Nachdem ich durch die grünen Emsauen geradelt bin, setze ich mich mit herrlichem Eiskaffee und Rhabarberkuchen auf die Terrasse der Kaffeerösterei in Telgte. Anschließend bummle ich durch die verwinkelten Gassen und entdecke eine Hörstation der Friedensroute. Kurz kurbeln und zuhören! In diesem Fall lausche ich der turbulenten Geschichte des kleinen Städtchen Telgte während des Dreißigjährigen Krieges. Übrigens gibt es auf der Friedensroute zwölf solcher Hörstationen mit Kurzgeschichten über die Ereignisse des 17. Jahrhunderts und den Westfälischen Frieden.
Meine heutige Etappe der Friedensroute endet in Münster. Sie ist nicht nur Friedensstadt, sondern auch Fahrradstadt, also drehe ich noch eine Runde mit dem Rad. Entlang der Patrizierhäuser am Prinzipalmarkt und des Rathauses des Westfälischen Friedens, über den Domplatz mit dem St.-Paulus-Dom, vorbei am Schloss und durch die vielen Grünanlagen. Mit einem Eis in der Hand schiebe ich danach das Rad zum Hotel Feldmann. Dabei sehe ich, wie die Menschen den Sommerflair in Münster genießen und die letzten Sonnenstrahlen, die die historischen Gebäude in ein schönes Abendlicht tauchen.
So lebendig wie Münster gestern Abend war, so ruhig ist es am nächsten Morgen. Etwa zehn Kilometer von der Innenstadt entfernt liegen die Rieselfelder. Was heute ein Natura 2000-Gebiet ist, war einst dafür da, das Abwasser von Münster zu reinigen. Die sumpfigen Wiesen sind das Zuhause vieler besonderer und gefährdeter Vogelarten. Ich höre sie schnattern, zwitschern und singen. Auf Empfehlung eines anderen Radfahrers steige ich auf einen der Aussichtstürme, von dem aus man die Vögel noch besser sehen kann.
Über zwei für den Westfälischen Frieden wichtige Orte fahre ich danach in nördlicher Richtung. Mit einer zentralen Position zwischen den beiden Friedensstädten ist es sehr wahrscheinlich, dass sich in Greven und Ladbergen Gesandte trafen. Im Gasthaus zur Post in Ladbergen sollten sie verhandelt und in der Zollburg Schöneflieth in Greven übernachtet haben. Die spannenden Geschichten dazu höre ich an den jeweiligen Hörstationen. Am späten Nachmittag erreiche ich Tecklenburg, wo ich das Rad abstelle, um durch die malerischen Gassen mit Fachwerkhäusern zu bummeln. Danach verlasse ich die Friedensroute kurz, um im Ringhotel Teutoburger Wald in Brochterbeck zu übernachten. Ein Sprung ins Schwimmbad und anschließender Saunagang tun dem Körper nach den heutigen 65 Radelkilometern gut!
Zum allerletzten Mal auf der Friedensroute packe ich meine Radtaschen und stelle das Navi ein. Ich freue mich, dass die heutige Strecke mit einem idyllischen Waldweg anfängt. Noch ist es kühl, aber die Sonnenstrahlen, die durch das Laub fallen, kündigen einen weiteren sommerlichen Tag an. Auf dem Marktplatz in Lengerich bleibe ich an einem Kunstwerk mit einem Friedensreiter stehen. Im Juli 1645 trafen sich Abgesandte aus sämtlichen Regionen in Lengerich. Im Lengericher Conclusum wurde festgelegt, dass zum ersten Mal im Deutschen Reich alle Reichsstände Mitspracherecht bei innen- und außenpolitischen Fragen hatten. Der Gedanke dieses Vertrages ist damit eine wichtige Grundlage für den Zusammenschluss der Vereinten Nationen gewesen. Am Rande der Stadt, an der Hörstation mit einer überdachten Bank in Form eines Bandes, das die Verbindung zwischen Osnabrück und Münster symbolisiert, erfahre ich mehr darüber. Mit dem Kopf voller neuer Eindrücke und spannender Geschichten radle ich danach die letzten Kilometer durch das Grün zurück nach Osnabrück. Meine Radtour schließe ich dort ab, wo ich sie begonnen habe: auf dem Platz vor dem Rathaus des Westfälischen Friedens.
Dieser Beitrag wurde verfasst von unserer Gastbloggerin Janna Kamphof. Ihr wollt mehr von Janna lesen? Besucht Sie auf ihrem Blog unter: www.duitslandactief.nl