„Warst du schon mal an der Kolvenburg?“, frage ich meinen Freund als wir im Auto sitzen und auf dem Weg nach Billerbeck sind. Als gebürtiger Sendener kennt er die Gegend bestimmt in- und auswendig. „Nö“, kriege ich trocken zurück. Ich war erst einmal an der Kolvenburg, aber das ist schon drei Jahre her und ich weiß nur noch, dass ich die kleine Burg schnuckelig fand. Von außen wirkt sie groß und klotzig, von innen ist sie verwinkelt und gemütlich.
Im Gespräch während der Autofahrt stellen wir beide fest, dass wir die Gegend vor unserer eigenen Haustür besser kennenlernen sollten.
Einmal im Jahr laden Film- und Medienstiftung NRW und die auserwählten Filmschauplätze zum Open-Air-Kino ein. Der Clou: Der gezeigte Film hat immer auch einen Bezug zum Ort, an dem er gezeigt wird. Es gibt vor der Filmvorführung ein Rahmenprogramm und Snacks und Getränke können ebenfalls erworben werden. Die Vorführorte wechseln jährlich und die Filme können aktuell, aber auch schon ein paar Jahre alt sein. Das Besondere ist der freie Eintritt. Ein bunt gemischter Kulturabend ohne Eintritt!
Es dämmert ganz leicht und die Burg wird schon von außen angestrahlt. Was für eine schöne Atmosphäre! Hinter ein paar Büschen zur Rechten der Burg auf einer großen Wiese reckt sich schon der riesige Airscreen gen Himmel, die ersten Gäste haben auf ihren Stühlen davor Platz genommen und neben der Leinwand spielen Musikerinnen und Musiker ein klassisches Musikstück. Wir gehen in die Kolvenburg und haben Glück: Gerade sammelt sich eine Gruppe für die letzte Führung zur Ausstellung „Hommage an Mondrian“, die noch bis Anfang August in der Kolvenburg gezeigt wird.
Dominik Olbrisch, Kulturrefent des Kreis Coesfeld und offensichtlicher Fan von Piet Mondrian, gewährt uns einen ersten Einblick in die Ausstellung. Mit viel Elan und Witz nimmt er uns mit in den großen Raum im Erdgeschoss, wo die ersten Exponate auf uns warten. Es wird kein Original zu sehen sein, sondern Werke von Künstlerinnen und Künstlern, die sich an Piet Mondrians künstlerischem Verständnis „abgearbeitet“ haben. Wir erfahren, dass der niederländische Maler Piet Mondrian klare Erkennungszeichen hat: schwarze Raster mit farbigen und weißen Rechtecken wie ein Mosaik. Gelb, blau, rot und grün sind die typischen Farben. Wir bekommen auch Anekdoten erzählt und mit Leichtigkeit bringt Dominik Olbrisch uns alle dazu, im nächsten Raum herumzugehen, die ausgestellten Stühle, Hocker und Tische von allen Seiten zu betrachten. „Da würde ich mich nicht draufsetzen!“, sagt eine Besucherin, als sie an einem Tisch vorbeigeht, der zwar vier Ecken, aber nur drei Beine hat. Es ist eine kurzweilige Führung und wir erfahren, dass wir im heute gezeigten Film „Yves Saint Laurent“ von 2014 gleich einige Merkmale von Mondrian wiederentdecken werden.
Draußen ist es merklich dunkler geworden und wir begeben uns Richtung Kinoleinwand. Vorher holen wir uns noch Getränke und einen Snack. „Pay what you want“ ist heute Abend die Devise. Wie in der Schule sind auch im Freiluftkinosaal alle Ränge besetzt bis auf die ersten zwei Reihen. Wir suchen uns zwei Plätze am Rand in der vorletzten Reihe aus und dann geht es auch schon los. Zuerst wird ein Kurzfilm gezeigt, bevor der eigentliche Film beginnt. Gerade habe ich mich in meine Jacke eingemummelt, den letzten Bissen der Pizzaschnecke verdrückt und mich auf die ersten 20 Minuten „Yves Saint Laurent“ eingelassen, als „zack“ die hübsche Außenbeleuchtung der Kolvenburg dunkel wird, die Lüftung vom Airscreen kein Laut mehr von sich gibt und die riesige mit Luft gefüllte Kinoleinwand gaaaanz langsam von oben in sich zusammensackt. Ein Raunen geht durch die Menge, die ersten Personen rennen nach vorne und versuchen die Leinwand geführt in sich zusammenfallen zu lassen, ohne dabei die Seile ineinander zu verknoten. Open-Air-Kino mit ein bisschen Thrill!
Nach etwa einer halben Stunde klatscht das Publikum Beifall, denn der sichtbare Erfolg des findigen Stromkenners am Sicherungskasten im Keller der Burg hat dazu geführt, dass die Außenbeleuchtung und die Lüftung für die Leinwand zeitgleich angesprungen sind. Langsam erhebt sich der Airscreen wieder und kurze Zeit später machen wir weiter, wo wir aufgehört haben.
Bald ist auch der Bezug zur Mondrian-Ausstellung klar, denn im Film wird gezeigt, wie Yves Saint Laurent nach einer künstlerischen Sinnkrise anfängt Kleider mit mosaikartigen Kästchen und vereinzelt den Farben Grün, Gelb, Blau und Rot zu füllen. Aha, das wusste ich nicht! Yves hat sich von Piet inspirieren lassen und damit den Sprung zurück zur Designerweltbühne geschafft.
Eigentlich sollte es klar sein, aber ich habe den Anfängerfehler begangen: Für ein Open-Air-Kino sollte man immer mindestens ein Kissen für die Sitzfläche und eines für den Rücken mitnehmen, da kriecht die Kälte gerne als erstes hin. Für die Frostköttel bitte auch noch eine Decke mit einpacken!
Die Filmschauplätze NRW zeigen Filme an besonderen Orten in ganz Nordrhein-Westfalen (und natürlich auch im Münsterland). So gibt es die Möglichkeit nicht nur die Filme (nochmal) zu sehen, sondern auch die Orte im Münsterland besser kennenzulernen. Denn eins ist klar: die schönsten Plätze vor der eigenen Haustür sollte man schon kennen!
Heimbach (24.06.)
Schleiden (25.06.)
Waltrop (29.06.)
Fröndenberg (30.06.)
Recklinghausen (03.07.)
Rheinberg (06.07.)
Xanten (07.07.)
Haan (12.07.)
Velbert (13.07.)
Heiligenhaus (14.07.)
Bönen (15.07.)
DO-Lanstrop (16.07.)
Billerbeck (19.07.)
Velen-Ramsdorf (21.07.)
Gescher (22.07.)
Senden-Bösensell (23.07.)
Oberhausen (27.07.)
Hörstel (04.08.)
Erftstadt (05.08.)
Minden (06.08.)